Das ehemalige Gerichtsgefängnis Hannover 1933 - 1945

I. Das Gerichtsgefängnis - Haftstätte für zahlreiche NS-Verfolgte

"Wie heißt die längste Straße Hannovers? - Leonhardtstraße! Da bin ich 1934 rein und erst zwei Jahre später wieder 'raus gekommen!" (F. G. )

Eine hohe Ziegelsteinmauer umschloß das weitläufige Gelände zwischen Leonhardtstraße und Alter Celler Heerstraße und versperrte den Blick auf das gewaltige Zellengebäude, das sich nur wenige Minuten vom Hauptbahnhof entfernt mitten in der Stadt befand. Der Haupteingang zum Gerichtsgefängnis lag an der damaligen Leonhardtstraße, gegenüber dem Kaiser-Wilhelm-Gymnasium und dem Schwurgericht.

Weder diese historischen Gebäude noch die Straßenführung sind erhalten geblieben. Die Kriegszerstörungen in der Nähe von Bahnhof und Schienenanlage waren besonders stark. Dementsprechend wurde im Rahmen der städtebaulichen Veränderungen der Nachkriegszeit das Gebiet "hinter dem Bahnhof" vollkommen neu angelegt.

Das dort dominierende Bauwerk, das Gerichtssgefängnis, mußte dem Bau der Raschplatzhochstraße weichen und wurde Anfang der sechziger Jahre abgerissen. (1)

Das "Hotel zur grünen Hoffnungsbirke", wie das Gerichtsgebäude von Eingeweihten auch genannt wurde, diente in der Weimarer Republik als Hinrichtungsstätte.

Die Legende besagt, daß als Folge der Hinrichtung eines Unschuldigen an der Stätte des Geschehens eine Birke ihre Wurzeln ausschlug.

Bereits die Schrift Theodor Lessings zum Massenmörder Haarmann, seinerzeit wohl der bekannteste Häftling des Gerichtsgefängnisses, dessen Todesurteil dort vollstreckt wurde, enthält eine Beschreibung dieser "Hoffnungsbirke":

"Hinter dem Bahnhof der Stadt Hannover im totesten, seelenlosesten Steinwüstenbezirk an der Celler Straße liegt ein Zuchthaus; ein riesiges Gelände, umzirkt von einer trostlosen Riesenmauer aus roten Backsteinen. Auf einem Winkel dieser Mauer blüht ein holdes Wunder, das jeder Hannoveraner kennt: eine kleine Birke, der zarteste und zäheste Baum, so blond und so bescheiden, so herb und so lieblich, von so zäher und gesunder Wurzel, wie die Kinder unserer niedersächsischen Landschaft. Sie hat durch ein Wunder mitten in der baumlosen Steinwüste just auf der roten Zuchthausmauer Wurzeln geschlagen, ein Gruß des guten Lebens, das durch all unser menschliches Zucht- und Unzuchtelend doch wieder hindurchbricht ..." (2)

(1) vgl. dazu Frank Rudolf Zankl, Ein neues Stadtbild entsteht, in: Hannover im 20. Jahrhundert. Aspekte der neueren Stadtgeschichte, hrsg. v. Hist. Museum am Hohen Ufer, Hannover 1978, S. 160 - 173 (2) Theodor Lessing, Haarmann. Die Geschichte eines Werwolfes, München 1973, S. 214 - 215